Was der Chef des neuen Gymnasiums plant

Der Bildungscampus in der Messestadt ist im Bau – als erstes wird das Gymnasium im September mit den Klassenstufen 5 bis 8 loslegen. Gründungsdirektor wird Günter Förschner. Im Take Off!-Interview berichtet er exklusiv, wie er sich auf den Start vorbereitet, wie er sich das künftige Schulleben vorstellt – und was er privat so für ein Typ ist.

Take Off!: Warum haben Sie sich um die Schulleitung am Gymnasium Riem am Bildungscampus in der Messestadt beworben?
Günter Förschner: Als stellvertretender Schulleiter hatte ich vor sieben Jahre bewusst eine neu gebaute Schule gewählt – das Gymnasium Grünwald, damals ein Jahr in Betrieb. Ich wollte gestalten – und konnte das auch. Für die Position des Schulleiters habe ich mir jetzt wieder eine neue Schule gewünscht. Für das Gymnasium Riem sprach vor allem das Gesamtkonzept mit Lernhäusern. Räumlichkeiten sind wichtig, wenn man eine Schule konzeptionell aufbauen will. Mir gefällt auch, dass eine Realschule auf demselben Campus sein wird: Hier möchte ich die Kooperation suchen und Synergieeffekte nutzen.


Von Ägypten ans Deutsche Museum

Erzählen Sie mal etwas über sich selbst – wo wohnen Sie, und wo kommen Sie her?
Ich wohne im Zentrum von München, nahe dem Deutschen Museum, bin verheiratet und habe eine Tochter. Mein beruflicher Weg führte mich nach dem Lehramtsstudium an der Uni Bayreuth schon über einige Stationen. Besonders geprägt hat mich die Tätigkeit an der Deutschen Schule in Alexandria, Ägypten – zumal ich mich schon während dem Studium viel mit Afrika beschäftigt hatte. In Alexandria konnte ich bereits eine Fachoberschule neu aufbauen und hatte viele Gestaltungsmöglichkeiten.

Nun zu den Räumlichkeiten: Wie sieht es damit denn bis September aus? Schließlich scheint das Gymnasium noch längst nicht fertig zu sein, was natürlich auch Corona und den aktuellen Problemen in den Lieferketten geschuldet sein wird.
Mir wurde versichert, dass der Bau des Südflügels zum Start des Schulbetriebs so weit fortgeschritten sein wird, dass alle Klassen einziehen können und funktionsfähige, vollständig ausgerüstete Räume bekommen. Darauf verlasse ich mich.


Gruppenarbeit und selbständiges Lernen

Entscheidend an den Räumlichkeiten sind für Sie ja die Lernhäuser. Was haben sie damit vor?
Für mich bieten Lernhäuser die große Möglichkeit, über Klassen hinaus Gruppen zu bilden, neben Klassenzimmern auch andere Räume zu haben und damit flexible Unterrichtskonzepte umsetzen zu können, die sehr auf Eigenarbeit und selbstaktives Lernen hinauslaufen. Klassen können Gruppen bilden und Lehrkräfte einfacher zusammenarbeiten. Schließlich sind die Klassenzimmer um einen großen Platz angeordnet („LernRaum“), der mit seiner Ausstattung flexible Lern- und Präsentationsformen ermöglicht und durch die spezielle Möblierung ein angenehmes Lernambiente bietet.

Können Sie zu den anderen Unterrichtskonzepten noch spezifischer werden?
Für mich gehört dazu, weniger rein fachbezogen als vielmehr auch themen- und projektorientiert zu lernen. Dazu bietet ein Lernhaus neben dem zentralen Platz auch einen Ausweichraum und einen Multifunktionsraum, also Möglichkeiten für mehr Gruppenarbeit sowie eigenverantwortliches und selbstständiges Lernen. Klassenzimmer mit Glasflächen ermöglichen den Lehrkräften, die Schülerinnen und Schüler auch dann im Blick zu behalten, wenn sie draußen arbeiten und lernen. Ein Teamraum für Lehrkräfte ermöglicht in jedem Lernhaus flexible Abstimmungen zu Projekten, gemeinsamen Vorhaben und schülerspezifischen Themen. So bietet das Lernhaus ganz besondere Möglichkeiten für die Pädagogik und die Didaktik.

Schulleiter Förschner vor Treppe Gymnasium-Trudering

Die gewaltigen Stahl-Treppenhäuser sind schon eingebaut.

Schüler und Lehrer gesucht!

Das neue Gymnasium sucht für den Herbst noch Schüler und Lehrer!
Alle Informationen für Interessierte auf https://www.gymriem.de/

Bitte keine zu hohen Erwartungen!

Trotzdem dürfen die Erwartungen zum Start des Gymnasiums München Riem (gyMRiem) nicht zu hoch sein. Anfangs wird nicht alles genau so funktionieren, wie wir es uns vorstellen. Doch die Jugendlichen werden von Anfang an besondere Merkmale des Schulkonzepts erkennen und dann Schritt für Schritt immer mehr.

Ihr Schulkonzept geht ja über das Lernhaus hinaus. Was ist Ihnen dazu noch wichtig?
Für das Gymnasium Riem habe ich im Vorfeld fünf zentrale Leitlinien festgelegt, die mir für das gemeinsame Lernen an der Schule sehr, sehr wichtig sind. Zuallererst sollen nicht nur Wissensinhalte und Kompetenzen, sondern auch Werte vermittelt werden. Dies ist vom Kultusministerium explizit gewünscht, im Fachunterricht aber oft schwierig zu realisieren. In Riem soll dies ganz besonders in den Fokus gerückt werden – beispielsweise durch Diskussionen über das, was uns als Gemeinschaft wichtig ist, um gut miteinander lernen und arbeiten zu können. Schülerinnen und Schüler sollen früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Alle sollen mitgestalten können, wie diese Schule funktioniert und wie wir gemeinsam lernen. Es soll Raum geben, um Ideen auszutauschen sowie das Schulleben kontinuierlich weiter zu entwickeln. Das Ideal: die gemeinsam lernende Schule im doppelten Wortsinn.

 

Gemeinsame Pläne mit der Realschule

Sie erwähnten, dass Ihnen auch die Zusammenarbeit mit der Realschule wichtig ist. Nächstes Jahr werden die Werner-von-Siemens-Realschule und die Münchner Volkshochschule (VHS) auf den Campus ziehen. Wie stellen Sie sich da die Nachbarschaft vor? Was kann da an Synergien entstehen?
Die für mich zentral wichtige Frage ist: Wie gehen wir miteinander um? Herr Kreidl, der Schulleiter der Realschule und ich wollen einen kooperativen Umgang auf Augenhöhe – bei Schülern wie Lehrern und natürlich auch unter den Schulleitungen. Im Idealfall treffen sich unsere Schülerinnen und Schüler auf dem Pausenhof, haben gemeinsame AGs, machen gemeinsam Sport und vielleicht auch ein gemeinsames Sommerfest. Wir könnten der Realschule mal einen Experimentierraum zur Verfügung stellen oder deren Küche nutzen, uns spezielle Geräte ausleihen… Alle sollen das Gefühl haben, dass wir nicht nur zufällig am selben Standort sind, sondern eine gemeinsame Identität entwickeln können: Wir sind gemeinsam der Bildungscampus Riem! Es soll nicht entscheidend sein, an welcher der Schulen man unterrichtet (wird).

Gibt es auch schon Kontakte zur VHS?
Ja, und wir wollen Möglichkeiten der Zusammenarbeit prüfen. So können wir der VHS Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, unseren Schülerinnen und Schülern VHS-Kurse empfehlen – z.B. zusätzliche Sprachen –, ggf. nachmittägliche VHS-Angebote in unser Ganztagskonzept integrieren… Uns dazu als VHS, Realschule und Gymnasium gemeinsam abzustimmen, bietet viel Potenzial.

 

Mit dem eigenen Basketball auf den Pausenhof

In der nächsten gedruckten TakeOff! Im April geht es um Sport und Freizeit. Im Pausenhof wird es einen Basketballkorb geben. Die wichtigste Frage meines Sohnes – und seine Bedingung zum Umzug ins Gymnasium Riem: Werden Sie erlauben, dass die Kinder eigene Basketbälle mitnehmen?
Ich sehe da kein Problem – das machen wir auch in Grünwald so. Die Schüler sollen sich bewegen können. Das ist ein sehr wichtiger Ausgleich. Der riesige Sportpark ist zur Pausennutzung allerdings ungeeignet – ihn zu beaufsichtigen, wird nicht möglich sein. Doch ich hoffe, dass wir eine Nutzung mittags erlauben können. Er bietet so viel – das sollten wir nutzen.

 

Vereine können Schwimmhalle mitnutzen

Wie sieht es mit der Nutzbarkeit der Sporteinrichtungen – Hallen, Schwimmbäder, Sportpark – für andere Messestädter aus?
Vereinsnutzung ist auf jeden Fall geplant. Im Sportpark gibt es ein Gebäude für Vereine – mit Umkleidekabinen und Aufenthaltsräumen. Doch das Gymnasium entscheidet da nicht, sondern ist lediglich Nutzer der Anlagen.

Schwimmbadfilter Gymnasium Messestadt

Schulleiter Förschner vor einem der beiden Filtergehäuse der Schwimmbecken.
Fassungsvermögen pro Filter ca. 10.000 Liter.

Der Schulcampus liegt im wohl internationalsten und zumindest vor wenigen Jahren noch kinderreichsten Stadtteil Münchens, der Messestadt. Was ist Ihr erster Eindruck vom Viertel?

Bevor ich mich als Schulleiter beworben habe, hatte ich die Messestadt immer noch mit dem Flughafen, von dem aus ich als 19-Jähriger erstmalig geflogen bin, und natürlich mit der Messe und dem P+R-Parkhaus verbunden – das war‘s. Doch dann habe ich besser hingehört, wenn die Wörter Riem und Messestadt gefallen sind – und habe festgestellt, dass die Messestadt wahrscheinlich einer der dynamischsten Stadtteile Münchens ist, wenn nicht der dynamischste überhaupt.

 

Gemeinsames Engagement über alle Nationalitäten hinweg

Da passiert momentan total viel – zum einen durch das ausgeprägte bürgerschaftliche Engagement, zum zweiten durch die vielen Nationalitäten, die eine enorme Vielfalt gewährleisten, und zum dritten dadurch, dass die Messestadt immer noch in der Entwicklung ist. Eine große Herausforderung ist natürlich, ihr Wachstum so zu gestalten, dass sie über Jahrzehnte und idealerweise Jahrhunderte ein homogener Stadtteil wird – ein Stadtteil, bei dem weniger an den früheren Flughafen als an Konzepte wie Baugemeinschaften gedacht wird und in dem auch der Bildungscampus einen hohen Stellenwert bekommt.

Homogenität bei dieser Internationalität – was meinen Sie damit?
Homogen ist eigentlich das falsche Wort – es geht nicht darum, dass alle gleich sind. Ziel muss sein, dass sich ein common sense entwickelt, der auf dem amerikanischen Leitbild fußt, dass es egal ist, wo man herkommt. Man ist jetzt da, will gemeinsam leben und auch gemeinsam Projekte machen, sich gemeinsam lokalpolitisch engagieren, über alle Nationalitäten hinweg, gemeinsam Sport machen und eben auch gemeinsam in die Schule gehen… Und keiner fragt abgrenzend, manch einer aber aus Interesse: „Wo kommst Du eigentlich her?“

 

Neue Wege – und ein starkes WLAN

Was wünschen Sie sich für den Weg zu diesem Ziel – und für die Schule?
Ich habe vor allem den Wunsch an die Eltern, dass sie dem Schulkonzept offen gegenüberstehen! Schließlich wird es etwas abweichen von der Art von Schule, die sie selbst als Schülerinnen und Schüler kennengelernt haben. Sie dürfen das Vertrauen haben, dass auch etwas andere Wege eine gute Bildung ermöglichen als die, die wir in Bayern und Deutschland seit 100 Jahren haben. Wir sollten solche neuen Wege gehen – nicht revolutionär, denn das bringt oft zu viele Scherben und zu wenig Weg nach vorne. Wohl aber evolutionär und damit eben auch im Rahmen der bayerischen Schulordnung. Eltern können mitgestalten – auch einfach bei Veranstaltungen, als Klassenelternsprecher oder Elternbeiräte, als Köche mit ihren nationalen Spezialitäten… Ich habe den Wunsch an benachbarte Einrichtungen, dass wir kooperieren und voneinander lernen – die beiden Grundschulen und die Mittelschule, die Stadtteilbibliothek, Messe, Feuerwehr, das Bürgerforum… Und ich wünsche mir von der Stadt, dass die Schule perfekte Startbedingungen bekommt. Dazu gehört von Anfang an ein starkes WLAN, das mir die Verantwortlichen der Stadt bereits zugesagt haben. Außerdem würde ich mir Lehrkräfte wünschen, die Lust darauf haben, die Entwicklung des gyMRiem von Anfang an mitzugestalten und dabei auch offen sind, neue Wege zu gehen.

Das Gespräch führte Tilman Renz, Vorstandsmitglied des Bürgerforums Messestadt und Koordinator des Förderkreises Bildungscampus Riem.

Fotos: Benno Steuernagel-Gniffke

Schüler und Lehrer gesucht!

Das neue Gymnasium sucht für den Herbst noch Schüler und Lehrer!
Alle Informationen für Interessierte auf https://www.gymriem.de/

Fast alles doppelt:
Das bietet das neue Schulzentrum

Gymnasium Riem (ab Herbst)
Ausbauziel im G9: 6-zügig,

ca. 1500 Schülerinnen und Schüler

Werner-von-Siemens-Realschule, Volkshochschule München (Start am Campus: 2023)

Sportpark für Schulen und Vereine
(ab 2023): zwei Dreifachturnhallen, zwei 25-Meter-Schwimmbecken 

Gemeinsame Bibliothek von Realschule und Gymnasium

Von Grünwald nach Riem –
berufliche Stationen des künftigen Rektors

1988 – 1994          
Studium an der Universität Bayreuth: Lehramt am Gymnasium für Wirtschaft & Recht sowie Geografie

1994 – 1996          
Referendariat in München, Prien am Chiemsee und Hof (Oberfranken)

1996 – 2003          
Lehrer am Dominicus-von-Linprun-Gymnasium in Viechtach (Bay. Wald)

2003 – 2011          
Lehrer an der Deutschen Schule der Borromäerinnen in Alexandria (Ägypten)

2011 – 2012          
Lehrer am Wilhelmsgymnasium München

2013                     
Promotion im Fachgebiet „Schulisches Qualitätsmanagement“ (TU Dortmund)

2014                     
Masterabschluss Schulmanagement (Fernuniversität Kaiserslautern)

2012 – 2015          
Mitarbeiter am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB): Lehrplanentwicklung, Individuelle Förderung, Schulentwicklung u.a.

2015 – 2022          
Stellvertretender Schulleiter am Gymnasium Grünwald

ab 2022                
Schulleiter am Gymnasium München Riem

Vom Leben für das Leben lernen

Leitlinien für Bildung und Erziehung am künftigen Gymnasium München Riem

1. Wissen und Werte
Am gyMRiem wird nicht nur Wissen und Können vermittelt, sondern auch Herz und Charakter gebildet. Dazu gehören Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl, Verantwortungsfreudigkeit und Hilfsbereitschaft.

2. Vielfalt als Schatz
Die Vielfalt der Menschen und Kulturen werden als Schatz begriffen, der seinen Wert nur vor dem Hintergrund von gegenseitigem Respekt und Toleranz entfalten kann.

3. Gemeinsam lernende Schule
Das gyMRiem ist eine lernende Schule. Hier lernen nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Lehrkräfte und Mitarbeiter. So entwickeln sich Menschen und Organisation an unserer Schule ständig weiter. Alle Mitglieder der Schulgemeinschaft sind Partner beim Lernen. Sie tragen aktiv und konstruktiv dazu bei, dass Lernen und Zusammenleben am gyMRiem gelingen.

4. Lernen vom Leben für das Leben
Wir lernen ganzheitlich mit Herz, Hirn und Hand – vom Leben für das Leben. Lernen soll Freude machen sowie Nutzen und Sinn für den einzelnen und die Gemeinschaft stiften. Deshalb machen sich Lernende und Lehrende immer wieder bewusst, dass das Gelernte Relevanz und einen Wert an sich hat.

5. Kreativität und Nachhaltigkeit
Musik, Theater und bildende Kunst, auch im Sinne von handwerklicher Arbeit genießen am gyMRiem einen besonderen Stellenwert. Lernen und Leben an der Schule sind auf das Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet. Dies bezieht sich zum einen auf die Nachhaltigkeit des Wissens- und Kompetenzerwerbs. Zusätzlich werden am gyMRiem Wissen und Kompetenzen vermittelt und diskutiert, die für das die nachhaltige Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft sowie für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen von Bedeutung sind.

Weitere Infos unter: https://www.gymriem.de/