Kämpft für weniger Autoverkehr vor dem künftigen Riemer Gymnasium: Susanne Weiß von den Grünen. (Foto: Theresa Höpfl)

Wieviel Autoverkehr verträgt ein Schulzentrum?

18.10.2022

Wenn der Bildungscampus in der Messestadt irgendwann vielleicht tatsächlich fertig wird, wird sich der Schulweg für hunderte Kinder deutlich verkürzen. Ein Problem aber dürfte nach heutigem Stand auch bis dahin ungelöst bleiben: der viele Verkehr auf der Straße vor dem Campus. Denn alle Vorschläge, die Autos zurückzudrängen, sind bislang gescheitert.

Ein bisschen muss Grünen-Fraktionssprecherin Susanne Weiß selber lachen über den Titel ihres Antrags, den sie im Bezirksausschuss (BA) Trudering-Riem gestellt hat: „Teilsperrung eines Teilstücks der Joseph-Wild-Straße“. Schönstes Verwaltungs-Sprech. Beim Treffen mit der Take Off! vor Ort übersetzt sie das so: „Im Grunde geht es uns darum, den Schulcampus Messestadt vom Autoverkehr zu entlasten“.

Keine Eltern-Autos vor der Schule

Ihr Vorschlag: Das Stück der Joseph-Wild-Straße (JWS) zwischen der Paul-Wassermann-Straße (die Kreuzung am goldenen Pro Aurum-Haus) und Am Mitterfeld soll für den Autoverkehr gesperrt werden. Nur Fußgänger:innen, Fahrradfahrer:innen, MVG-Busse und Rettungsfahrzeuge sollen freie Fahrt haben. Dass Eltern ihre Kinder bis direkt vor die Schule fahren, möchten die Grünen so am liebsten auch vermeiden. Den Autofahrer:innen könne man 600 Meter Umweg zumuten, findet Susanne Weiß: „Die Umleitung – und die nutzen eh schon die meisten – soll von der Olof-Palme-Straße über den Hüllgraben Richtung Trudering oder Riem führen. Uns ist das die Sicherheit und die Gesundheit der Jugendlichen wert.“ Sie erhofft sich weniger Lärm und Hektik, bessere Luft.

Sobald hier rechts Kinder zur Schule gehen, könnte der Autoverkehr links zum Sicherheitsproblem werden. Finden die Kämpfer für eine Verkehrsberuhigung.
(Foto: Reinhard Miesbach)

 

Tunnel für die Kinder

Doch außer der ÖDP haben alle Parteien im BA den Antrag abgelehnt. Eines ihrer Gegenargumente: Sie haben bereits einen Tunnel unter der JWS bauen lassen, damit die Schüler:innen sicher vom Schulgebäude zum Sportplatz auf der anderen Seite kommen. Die CSU möchte verhindern, dass die Messestadt mit ihrer Insellage noch weiter vom Rest der Stadt abgeschnitten wird. Zudem glaubt die Partei von Stephen Sikder, dass der Grünen-Vorschlag das Gegenteil für die Sicherheit bewirken würde, wenn der Alternativweg an drei Seiten um den Schulcampus herumführen würde.
„Die Autos fahren dann genauso laut um den Campus herum und stoßen Abgase in die Luft“, sagt Eva Blomberg von der SPD. Ihr sind außerdem Ausweichrouten wichtig, falls eine Straße in dem Gewerbegebiet wegen Unfällen oder Bauarbeiten kurzfristig blockiert ist: „Wenn zwei Straßen zum Schatzbogen führen, entlastet das die JWS, und wir vermeiden Stau.“

Früher war die Straße schon mal gesperrt

Tatsächlich war die Straße bis vor 15 Jahren noch für den Autoverkehr komplett gesperrt. Und damals mussten die Messestädter:innen noch zum Einkaufen nach Trudering fahren, weil es weder die Riem Arcaden, geschweige denn einen Discounter gab. Die Durchfahrtserlaubnis mussten sie sich erst erstreiten.
Doch heute ist die Situation eine gänzlich andere, Einkaufen geht mittlerweile ganz gut in der Messestadt. Im Moment ist die Straße wegen der Bauarbeiten gesperrt. Später werden bis zu 2.500 Schüler:innen jeden Morgen zum Campus strömen. Dann ist Weiß‘ Hoffnung: Mit all den Radln der Jugendlichen, den Schul- und MVG-Bussen wird die Straße eh schon ziemlich verstopfen und die Durchfahrt für den Pendelverkehr unattraktiv. Tempo 30 wird es sowieso auch geben. Und sie setzt auf das Engagement des zukünftigen Elternbeirats.
Darin sind sich ausnahmsweise alle Parteien einig: Mal abwarten, wie die Lage ist, wenn der Schulcampus in Betrieb geht. Wann auch immer.

Theresa Höpfl

Die Verzögerungen beim Baufortschritt des neuen Gymnasiums Riem haben für viel Ärger und Unmut gesorgt. Unser Kommentator kann in der aktuellen Entwicklung aber auch Positives entdecken:

Es kommt auf die Menschen an!

Vier Monate Bauverzögerung – und die sind erst Anfang der Sommerferien so kritisch, dass ein Einzug ausgeschlossen werden muss? Für die Bauverzögerung gibt es viele „gute“ Gründe, für die späte Einsicht in die Notwendigkeit eines späteren Einzugs und die zögerliche Kommunikation des Bauträgers Münchner Raumentwicklungsgesellschaft (MRG) nur wenige. Nun also nochmals warten… Ein Einzug frühestens nach den Weihnachtsferien, wahrscheinlich später? Schüler*innen der achten Klasse werden dann an die vier Jahre in Provisorien verbracht haben.

Länger Baustelle als erwartet: Das neue Gymnaisum Riem sollte eigentlich längst bezugsfertig sein. (Foto: Reinhard Miesbach)

Und doch: Endlich kann sich eine Schulgemeinschaft bilden, endlich sind alle zusammen. Es gibt ausreichend Räume in der Interimsschule. Direktor Günter Förschner kann mit seinem, wie er es nennt, „Dreamteam“ aus erfahrenen und jungen Lehrkräften tätig werden – und, wie er am Infoabend sagte: „Räumlichkeiten sind für eine Schule wichtig, die Menschen aber viel wichtiger.Die Menschen: Da sind die vielen Kinder, die in den Vorläuferklassen und der Coronazeit schon manches erlebt haben – und sie haben es gepackt. Sie werden auch diese Situation meistern und dadurch einiges für ihr Leben lernen. Da ist die Schulleitung, die ganz plötzlich enorm gefordert war. Sie hat sich sofort entschieden, nach vorn zu schauen und eine möglichst tolle Interimsschule zu schaffen – und sie tut gemeinsam mit den Verantwortlichen bei der Stadt alles dafür.

Da sind die Lehrerinnen und Lehrer, diemit der Leitung Unterrichtskonzepte überlegen, die in dem alten Schulgebäude umsetzbar sind.Dienst nach Vorschrift? Nein, da ist Begeisterung zu spüren – und der unbedingte Wille, das Beste aus der Situation zu machen..! Diese Begeisterung auch bei manch anderen Mitstreitern erleben zu dürfen, stimmt mich optimistisch. Auch im Westend wird es einen tollen Lernort geben. Und wenn es dann endlich in der Messestadt losgeht…!

Lassen auch wir Eltern uns begeistern! Es gilt nun, den Baufortschritt am Bildungscampus bei hoffentlich deutlich besserer Transparenz weiterhin kritisch zu begleiten, vor allem aber konstruktiv zu einem schönen und erfolgreichen Schuljahr für unsere Kinder und die gesamte Schulgemeinschaft beizutragen.

Tilman Renz
Der Autor ist Koordinator des Förderkreises Bildungscampus Messestadt